Titelei der besonderen Art

Gestern meldete BuchMarkt, dass sich “am Dienstag morgen zwei Kriminalhauptkommissare und eine gruppenleitende Staatsanwältin mit einem Durchsuchungsbefehl im Verlag einfanden und verlangten, die Geschäftsräume und Nebenräume der Verlagsgruppe zu durchsuchen” (Quelle).

Im Januar 2008 veröffentlichte cbj die deutsche Übersetzung von O.R. Mellings Fantasy-Jugendroman The Hunter’s Moon, dem ersten Teil einer auf vier Bände angelegten Reihe namens The Faerie Chronicles, die in den USA bei Harry N. Abrams (N.Y.) erscheint.

Geplant war, den Roman mit gegenüber der amerikanischen Ausgabe nur unwesentlich veränderter Einbandgestaltung und mit dem Titel Unter dem Elfenmond erscheinen zu lassen, und der Verlag schaltete eine Titelschutzanzeige, was das in Deutschland übliche Verfahren ist, um einen Titel über einen gewissen Zeitraum markenrechtlich zu sichern.

Bald darauf wurde das Buch wie üblich auch in den Katalogen der einschlägigen Online-Buchhändler gelistet.

Diese Veröffentlichung wurde offensichtlich bemerkt von Guido Krain, einem freien Journalisten, der im Jahr 2000 im Print-on-Demand-Verfahren einen Roman mit dem Titel Elfenmond veröffentlicht hatte. Krain forderte den Verlag auf, den Titel zu ändern, was dieser nach Rücksprache mit der konzerneigenen Rechtsabteilung auch tat. Fortan wurde das Buch unter dem Titel Im Schatten des Elfenmonds beworben.

Für Guido Krain war die Sache damit offenbar nicht erledigt. Es gelang ihm, mit seiner Klage bis zum Generalstaatsanwaltschaft in München vorzudringen. Laut BuchMarkt glaubt er, es liege ein Verstoß gegen das Marken- und Urheberrecht vor, weil der Verlag cbj den Originaltitel des Buches nicht wörtlich übersetzt habe.

Liest man das Merkblatt für Titelschutzfragen des Börsenvereins (PDF-Dokument), ergibt sich zwar ein ganz anderes Bild (so auch RH-Justiziar Rainer Dresen im Interview mit BuchMarkt), nichtsdestotrotz hat der Kläger, der Mutmaßungen über das Geschäftsgebaren der Publikumsverlage als Rechtfertigung für seine Entscheidung, seine Texte im Print-on-Demand-Verfahren selbst zu publizieren, anführt (z.B. Interview bei phantastik-news.de), eine wahre Nestroy-Posse in Gang gesetzt: eine Hausdurchsuchung in den Geschäftsräumen von Random House, in deren Verlauf nicht nur die dreiseitige Akte über das Titelschutzverfahren in diesem Falle sichergestellt wurde, sondern auch der Lizenzvertrag und die Lektoratsunterlagen.

Bleibt abzuwarten, ob der ambitionierte Autor dem Titelschutz insgesamt nicht weit mehr geschadet hat, als ihm die ganze Sache nutzt – auch wenn man seinen Namen jetzt kennt in der Branche.

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